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Jenseits der Absage: Wie du bei der Jobsuche motiviert und selbstbewusst bleibst
Karrierecoach Catherine Leduc über mentale Stärke in herausfordernden Zeiten
Die Jobsuche kann anstrengend sein – emotional wie mental. Wer schon einmal zig Bewerbungen verschickt und kaum Rückmeldungen erhalten hat, weiss: Das nagt am Selbstvertrauen. Zum Mental Health Month spricht Catherine Leduc, Karrierecoach und Beraterin, über die unsichtbare Seite der Jobsuche – und wie du mit klarem Fokus und einer guten Portion Selbstfürsorge gestärkt durch diese Phase kommst. Du findest Catherine auf LinkedIn, wo sie weitere Tipps und Ressourcen für Jobsuchende teilt.
Hoi Catherine, magst du dich kurz vorstellen?
Mentale Gesundheit liegt mir sehr am Herzen. Ich bin ein sehr leidenschaftlicher Mensch – und hatte über 17 Jahre eine erfolgreiche Karriere in der Pharmaindustrie, bevor ich mich auf Job- und Karrierethemen spezialisierte. In dieser Zeit habe ich selbst Burnouts erlebt und wurde vor zwei Jahren mit ADHS diagnostiziert. Diese Erfahrungen haben mir gezeigt, wie wichtig Selbstfürsorge ist – nicht nur privat, sondern auch beruflich.
Mein Coaching-Ansatz basiert auf Selbstreflexion: Was sind meine Stärken? Was treibt mich an? Welche Rahmenbedingungen brauche ich, um zu gedeihen? Wer sich damit auseinandersetzt, kann sich gezielt für eine Position oder ein Umfeld entscheiden, das langfristig zufrieden macht – und auch gesundheitlich guttut.
Wie hängen mentale Gesundheit und Jobsuche zusammen?
Sehr stark! Die Jobsuche kann zermürbend sein – gerade, wenn der Markt hart umkämpft ist. Bewerbungen zu schreiben, erfordert viel Zeit, und oft kommt gar keine Antwort. Bei Ablehnungsraten von über 95 % ist es kein Wunder, dass viele frustriert sind. Über Wochen oder Monate entsteht so ein Gefühl des Zweifelns: Bin ich gut genug? Habe ich etwas falsch gemacht?
Viele senken dann ihre Ansprüche und bewerben sich auf Jobs, die gar nicht zu ihnen passen. Aber genau das wirkt oft verzweifelt – und kann die Erfolgschancen sogar verschlechtern.
Daher spielen sowohl die psychische Gesundheit als auch die Denkweise eine wesentliche Rolle bei der Stellensuche. Arbeitssuchende sollten sich dessen bewusst sein und dies in ihre Strategie einbeziehen, da Selbstfürsorge ein wesentlicher Faktor für den Erfolg sowohl bei der Stellensuche als auch im Karrieremanagement ist.
Welche Strategien helfen gegen Frust und Demotivation?
Ich sehe zwei wichtige Bereiche: Lebensstil und Mindset.
Der erste Teil betrifft den „Lebensstil“, also sicherzustellen, dass du dir Zeit für gesunde Gewohnheiten wie Sport und Aktivitäten nimmst, die Spass machen.
Der zweite Aspekt ist die Herangehensweise an die Jobsuche selbst und vor allem die Einstellung dazu. Ich empfehle, die Jobsuche als Chance zu betrachten, die Kontrolle über die eigene Karriere zu übernehmen. Dies ist der perfekte Zeitpunkt, um einen Schritt zurückzutreten, darüber nachzudenken, was du brauchst, um beruflich erfolgreich zu sein, und sich über die nächsten Schritte und Ziele klar zu werden. Die meisten von uns nehmen sich selten die Zeit, zu reflektieren, und daher ist eine Phase der Arbeitslosigkeit eine hervorragende Gelegenheit, das eigene Berufsleben in die Hand zu nehmen.
Auch das Setzen von Zielen ist hier sehr wichtig. Solange du als Arbeitssuchende:r Erfolg als das Erhalten eines Jobangebots definierst, wirst du jeden Tag deiner Jobsuche erfolglos sein – bis du endlich dieses Angebot erhältst, was nun mal einige Zeit dauern kann.
Die Strategie, auf die ich mich bei der Jobsuche konzentriere, geht über Online-Bewerbungen hinaus und konzentriert sich auf den Aufbau der Grundlagen für eine erfolgreiche Karriere oder das, was ich als „Karriere-Assets“ bezeichne. Deine Karriere-Assets sind deine Marke, dein Netzwerk, deine Sichtbarkeit und deine „Autorität“, also im Wesentlichen die Anerkennung und das Vertrauen in deine fachliche Kompetenz. Diese Assets sind entscheidend für den Erfolg deiner Stellensuche (insbesondere in überfüllten und wettbewerbsintensiven Märkten), aber sie bringen weit mehr Vorteile als nur die Sicherung eines Arbeitsplatzes, da sie dieselben Grundlagen bilden, auf denen du dich für deine nächste Beförderung positionieren kannst, sobald du eine Stelle hast – und sie verschaffen dir eine solide Verhandlungsbasis für dein Gehalt!
Da du viel Zeit mit der Jobsuche verbringst, solltest du diese Zeit nutzen, um deine Karrierevorteile und Grundlagen für deine Jobsuche und deinen beruflichen Erfolg zu schaffen. Wenn du dich auf den Aufbau von Karrierevorteilen konzentrierst (anstatt einfach nur Bewerbungen ins Leere zu schicken), ist es viel einfacher, Zwischenziele zu setzen, mit denen du deine Fortschritte verfolgen und erkennen kannst, was du erreichst. Ausserdem ist dies eine Investition, die sich positiv und langfristig auszahlt.
Das ist der wichtigste Perspektivwechsel: Sieh deine Jobsuche als Chance. Mach sie zu einem positiven Prozess, bei dem du kleine Erfolge feierst, dein Selbstvertrauen stärkst und lernst, für dich selbst einzustehen. So wirst du Schritt für Schritt sicherer – und bekommst die richtigen Werkzeuge an die Hand, um deine Zukunft aktiv zu gestalten.
In 6 Schritten zu einer entspannteren Jobsuche
- Lege einen klaren Plan und eine Struktur für deine Jobsuche fest. Achte darauf, dass du dir bewusst Zeit für Selbstfürsorge und andere Aktivitäten ausserhalb der Jobsuche einplanst.
- Strukturiere deine Aktivitäten innerhalb dieses Plans mit einer klaren Vorstellung davon, was du erreichen möchtest – und passenden Zielen. Das reduziert Überforderung und hilft dir, deine Zeit effizient zu nutzen.
- Setze dir klare, messbare Ziele – täglich, wöchentlich und monatlich. Ziele helfen dir, deine Fortschritte zu sehen und Erfolge zu feiern.
Zum Beispiel: Nimm Kontakt zu X Kolleg:innen auf, um über deine Beiträge und Erfolge zu sprechen, sammle X Referenzen, schliesse den Kurs XYZ ab, um dein Wissen zu vertiefen, setze dir Ziele für Veranstaltungen in deinem Bereich oder engagiere dich in 1–2 Initiativen, die dich interessieren und beruflich relevant sind. - Plane feste Zeitpunkte ein, um deine Ziele zu überprüfen – und belohne dich. Beende zum Beispiel jede Woche mit einem Rückblick auf deine Fortschritte und starte ins Wochenende mit einer Aktivität, die dir Freude macht.
- Such dir einen Job-Search-Buddy. Jemand, der dich motiviert, mit dem du Ideen austauschen kannst und der dich unterstützt. Der Fokus sollte dabei auf gegenseitiger Ermutigung und dem Feiern von Erfolgen liegen – keine Jammer-Sessions. Auch gemeinsame Aktivitäten zur Selbstfürsorge helfen dir, dranzubleiben und den sozialen Austausch nicht zu verlieren.
- Integriere Aktivitäten, die dir Spass machen, fest in deinen Wochenplan. Noch besser ist es, wenn du deine Leidenschaften mit deinem beruflichen Leben verbindest – z. B. durch Lesen, Kurse, Events, ehrenamtliches Engagement usw.
Viele Arbeitssuchende erleben nicht nur Frustration, sondern kämpfen auch mit spezifischen psychischen Herausforderungen wie Depressionen oder ADHS.
Welchen Rat gibst du jemandem, der sich bei der Jobsuche mit diesen besonderen Herausforderungen konfrontiert sieht?
Es ist sehr wichtig, dass du deine Gefühle ernst nimmst und passende Massnahmen in deinen Alltag und in deine Jobsuche integrierst. Wenn du z. B. entlassen wurdest, musst du vielleicht zuerst mit den emotionalen Folgen, Unsicherheiten und dem angeschlagenen Selbstwertgefühl umgehen. In solchen Fällen ist es absolut sinnvoll, dir professionelle Unterstützung zu holen – besonders dann, wenn du dich ausgebrannt fühlst oder merkst, dass du allein nicht mehr weiterkommst.
Die Empfehlungen zur Selbstfürsorge und zu gesunden Gewohnheiten – sowohl für Körper als auch Geist – sind in dieser Phase essenziell. Sie helfen dir nicht nur dabei, mit konkreten psychischen Herausforderungen besser umzugehen, sondern wirken auch präventiv gegen die Belastungen der Jobsuche.
Hier ein paar wichtige Tipps:
- Selbstfürsorge & gesunde Routinen: Achte auf ausreichend Schlaf, Bewegung und bewusste Pausen. Trenne klar zwischen deiner Jobsuche und deiner Freizeit. Plane feste Zeiten für Bewerbungen ein – und genauso für Dinge, die dir guttun.
- Halte dich positiv: Setze dir erreichbare Ziele, um deinen Fortschritt sichtbar zu machen. Feiere deine Erfolge – egal wie klein sie erscheinen. Wenn du merkst, dass dein Selbstwert leidet, probiere ein „Prahlbuch“ aus: Notiere dir täglich fünf Dinge, auf die du stolz bist – Erfolge, Stärken oder Eigenschaften, die dich ausmachen.
- Baue dir ein unterstützendes Netzwerk auf: Die Jobsuche kann einsam sein – gerade deshalb brauchst du Menschen um dich herum, die dich stärken. Am besten baust du zwei Arten von Netzwerken auf:
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- Ein Jobnetzwerk, z. B. durch Communities, Gruppen oder einen Accountability-Buddy, mit dem du dich regelmässig austauschst und gegenseitig motivierst.
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- Ein soziales Netzwerk – also Menschen, mit denen du Spass hast, lachst und abschaltest. Das kann durch Hobbys, Sport oder ganz normale Treffen mit Freund:innen entstehen.
- Kümmere dich um deine Finanzen: Dieser Aspekt wird oft vergessen, ist aber ein grosser Stressfaktor im Hintergrund. Wenn dein Einkommen gerade geringer ist, verschaffe dir früh einen Überblick. Es ist besser, dein Budget bewusst anzupassen, als unterbewusst unter Druck zu geraten.
Wichtig: Depressionen und Burnout sind ernsthafte medizinische Themen und können professionelle Hilfe erfordern. Die oben genannten Tipps ersetzen keine ärztliche oder therapeutische Begleitung.
Wenn du Arbeitssuchenden einen einzigen persönlichen Rat mit auf den Weg geben könntest – welcher wäre das?
Ich liebe Strategie. Und ich sehe meine Aufgabe darin, Menschen zu helfen, ihre Karriere strategischer anzugehen – und sicherzustellen, dass sie in den mehr als 40 Stunden pro Woche, die sie bei der Arbeit verbringen, auch wirklich glücklich sind.
Mein Motto lautet deshalb: Wenn du nicht die Ergebnisse bekommst, die du dir wünschst, dann hinterfrage nicht dich selbst – sondern deinen Ansatz. Und passe deine Strategie an.
Das ist besonders wichtig, wenn es um mentale Gesundheit in der Jobsuche geht. Ja, der Arbeitsmarkt ist gerade schwierig – aber das mindert nicht deinen Wert. Wenn Arbeitgeber dein Potenzial nicht sehen, geht es darum, sichtbarer zu werden und deine Positionierung zu überdenken. An dir zu zweifeln und dich mit weniger zufriedenzugeben, macht dich nicht sichtbarer. Was wirklich hilft: Eine kluge, vielseitige Strategie und der Aufbau deiner persönlichen Marke – damit du dich gezielt von anderen abhebst.
Es ist auch wichtig zu erkennen, dass Arbeit uns Struktur, soziale Kontakte und Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Wenn du gerade nicht arbeitest, dann achte bewusst darauf, diese Lücken anders zu füllen. Finde Wege, um deinem Alltag wieder Struktur zu geben, deinen Geist herauszufordern und regelmässige soziale Interaktion zu pflegen.
Ich sehe das als grosse Chance, Neues auszuprobieren: Sport, Hobbys, ehrenamtliches Engagement, alte Freundschaften wiederbeleben, neue Gewohnheiten entwickeln, einen Kurs besuchen oder endlich mal wieder ein Buch lesen. Gönn dir Dinge, die dir guttun – und die du wirklich liebst.
Über Catherine Leduc
Nach über 17 Jahren in der Pharmaindustrie hat Catherine ihre Leidenschaft für Strategie in ihre Coaching-Praxis eingebracht. Heute unterstützt sie Fachkräfte dabei, ihre Karriere selbstbewusst zu steuern und ein solides Fundament für ihren Erfolg zu schaffen – sei es, um einen neuen Job zu finden oder befördert zu werden. Catherine legt den Schwerpunkt auf Markenaufbau. Ihr einzigartiger Ansatz hilft Fachkräften dabei, ihre Richtung klar zu definieren, Selbstvertrauen aufzubauen sowie Fähigkeiten zu entwickeln, um sich selbst besser zu vertreten und ihre Sichtbarkeit und ihren Marktwert zu steigern.